Zur Abwechslung noch mal ein kurzer Bericht von Christian über die Erfahrung als Rollerfahrer (50ccm).
In Rumänien habe ich mir diesen Traum von der Freiheit endlich erfüllt. Zu jeder Tageszeit, insbesondere während der Rush-hour mühelos durch den Stadtverkehr zu flitzen, in engen Ausweichmanövern sich zwischen an Ampeln wartenden Autoreihen hindurchschlängeln oder mit Maximalgeschwindigkeit 60 (ich glaub da hat der Hersteller irgendwie ein bisschen dran rumgeschraubt) Nachts über die langen, leeren Bulevards brettern... endlich war es so weit.
Nun ja, nach einigem Suchen und - es war ja mein erster und ich wusste nicht, ob das überhaupt etwas wird - der Entscheidung für ein sehr günstiges Modell (800 Euro), angeblich aus Italien (tatsächlich natürlich aus China), ging es am 1.9.2014 los. Naja fast.
Zuerst noch Online Versicherung abschließen (Preisunterschiede von Faktor 10 keine Seltenheit - mann kann auch 1.000 Euro Prämie im Jahr zahlen) und dann anmelden. Das ist in Rumänien nicht ganz so einfach. Ein Kollege half mir netterweise, sonst hätte ich es wohl nicht geschafft. Zuerst muss man aufs Finanzamt, anstehen, eine Nummer ziehen, mehrere kleingedruckte Formulare ausfüllen (kann das anschließend überhaupt ein Sachbearbeiter lesen??), zahlreiche Kopien beilegen (Kaufvertrag, Rechnung, Herstellerzertifikat, Ausweis, Aufenthaltsgenehmigung, Steuernummner), warten bis die Nummer aufgerufen ist, alles abgeben, dann die Gebühr bezahlen (an einem anderen Schalter), Dokumente wieder abholen.
Dann gehts zur Polizei. Dort wieder anstehen, Dokumente abgeben (oh, es fehlt der Versicherungsnachweis - normalerweise führt das dazu, dass man an einem anderen Tag nochmal kommen muss und alles von vorn beginnt, oder man legt etwas Geld auf den Tisch - also das soll funktionieren, hab ich aber nie gemacht - in unserem Fall hatten wir eine sehr nette Sachbearbeiterin, die uns erlaubt hat das Dokument später per Email zu schicken). Dann bekommt man eine erste Bescheinigung, damit wieder zum Finanzamt, Steuer bezahlen, dann wieder zur Polizei, Steuerquittung vorlegen, nochmal Gebühr bezahlen und dann bekommt man irgendwann einen Termin, an dem man dann alles abholen kann (Nummernschild, Fahrzeugbrief und -schein und noch ein anderes Dokument, wofür auch immer - ich hab zur Sicherheit immer alle Dokumente mitgeführt, damit ich im Fall einer Kontrolle alles sicher dabei hab).
Während des ganzen Prozesses (ich musste ja auch arbeiten) stand der Roller 4 Wochen in der Tiefgarage meines Büros. Die Batterie war natürlich in der Zwischenzeit leer und so haben wir in den Mittagspausen einige Tage gebastelt, immer wieder mit dem Hersteller telefoniert, bis er dann irgendwann lief. Es war nun schon Oktober, aber dank des guten Wetters konnte ich fast bis Ende November noch fahren. Es war herrlich (siehe oben)...
Als Unwissender habe ich in der Winterpause natürlich vergessen die Batterie abzuklemmen, sodass im März, zum Saisonbeginn, erstmal nichts mehr ging (abgesehen von der Millimeterdicken Staubschicht, die sich bei uns in der Garage überall nach ein paar Wochen absetzt). Ich hab dann von meinen Schwiegereltern ein Batterieladegerät organisiert (im Handgepäck von der Geschäftsreise in die Schweiz mitgebracht). Half natürlich nichts. Die Batterie war durch. Also eine neue gekauft. Die passte so fast in das dafür vorgesehene Loch. Mit etwas drücken und pressen ging es. Und wieder: Es war herrlich!
Im April wurde der Roller dann immer langsamer und behäbiger. Also ein Kundendienst. Super Werkstatt gefunden (am anderen Ende der Stadt, dafür aber deutlich billiger als im Business District und keine komischen Blicke, wenn ich mit meinem China-Modell da ankomme). Danach lief er noch schneller als am Anfang (also 65). Wunderbar.
Bis dann im Mai, kurz nach der Geburt unserer Tochter, plötzlich Benzin tropfte. Immer nach dem Fahren. Dann sprang er nicht mehr an, weil der Anlasser wohl zu feucht war. Also musste man ihn immer stehen und trocknen lassen, dann wieder los. So wollte ich dann wieder zu meiner Lieblingswerkstatt fahren. Weit kam ich nicht. Nach 2 km ging er auf der Straße aus. Am Straßenrand abgestellt, nach Hause gelaufen. Wenig Zeit, weil kleines Kind daheim und so weiter. Nach ein paar Wochen hatte ich dann einen Nachbarn an der Hand mit Allround-Anhänger, der ihn mir in eine Werkstatt bringen wollte. Da hatte sich allerdings schon ereignet, was sich in Bukarest (und wohl nicht nur da) bei so vielen stehengelassenen und herrenlosen Dingen ereignet (Batterie geklaut, Spiegel abgebrochen, Sitz aufgeschlitzt - da hat einer nicht nur aus Not zugeschlagen, sondern auch noch randaliert). Die Werkstatt wollte dann ein paar Hundert Euro für die Reparatur. Da hab ich kurz überlegt und dann gefragt ob er ihn mir abkaufen will ;-)...
Für 10 Euro hat er ihn mir dann zum Schrottplatz gefahren.
Naja, nachdem er 3 mal dort war und mich mehrmals angerufen und gejammert hat, weil das mit den 10 Euro jetzt für ihn natürlich auch kein so gutes Geschäft mehr war, musste ich dann schließlich mitkommen, weil die das Ding nur verschrotten, wenn der Eigentümer eigens vorspricht, sich ausweist und persönlich unterschreibt. Das hat dann ein paar Stunden gedauert. Die passenden Impressionen gibt es hier:
Letztlich hab ich sogar noch 1 Lei (ca. 22 Cent) Materialwert ausbezahlt bekommen und - viel wichtiger - die Bescheinigung über die Zerstörung (Destrugere):
Mit der konnte ich dann (einige Monate später, mir war erstmal nicht danach) zur offiziellen Abmeldung schreiten (was nicht unbedingt nötig gewesen wäre, weil die rumänischen Behörden ziemlich sicher nicht in der Lage gewesen wären mir in einem anderen Land nachzustellen, etwaige Steuern - 1,80 Euro pro Jahr - einzutreiben, vermutlich nicht mal in Rumänien, deshalb sieht man hier im Stadtbild auch so viele verwesende Autos mit Nummernschild).
Diesmal wollte ich es auf eigene Faust schaffen! Also los zur Polizei, alle Dokumente wie immer dabei. Mit meinen paar Brocken Rumänisch, Händen und Füßen (und ein Anruf bei einer Kollegin, die dann am Telefon übersetzt hat) erklärt, was ich möchte. Verstanden haben die das, nur, dass wohl noch eine Bestätigung vom Finanzamt fehlte (wofür auch immer, Steuern hatte ich alle bezahlt und die Belege sogar dabei). Also zum Finanzamt (wer sich noch erinnert: Anstehen, Nummer ziehen, Formulare ausfüllen, Gebühr bezahlen - 50 Cent - warten, sehr lange warten - es war der 24.12. - dann mit dem Beamten sprechen, ging ziemlich gut, irgendwann ist er dann sogar ins Englische gewechselt, am Schluss zweimal unterschreiben und ein paar Dokumente mit Stempel mitnehmen).
Wieder zur Polizei: Die kannten mich in der Zwischenzeit, aber es war eine andere Kollegin, die das bearbeitet hat. Und angeblich fehlte noch ein Dokument, obwohl ihr Kollege mir am Vortag versichert hat, dass alles komplett ist (aufmerksame Leser wissen jetzt was kommt - aber nein, ich hatte diese dritte Dokument wovon ich schon anfangs nicht wusste, warum man es braucht, zufällig im Geldbeutel). Also, alles gut. In der Folgewoche könne ich kommen und die fertigen Dokumente abholen.
Dann am 28.12. das Unglaubliche: Ein Aufruf auf meinem Handy. Von der rumänischen Polizei (gut, dass ich im Antrag meine Handynummer hinterlassen hatte). Ganz langsam und auf Englisch hat mir die Beamtin erklärt, dass ich bei der Abholung unbedingt noch eine Kopie der Schrottplatzbescheinigung mitbringen solle. Die hatten sie beim letzten Mal ganz vergessen dazubehalten. Kein Problem für mich...
Und am 29.12. war es dann soweit. Ich erhalte den Fahrzeugbrief zurück mit dem Abmeldungsstempel und eine extra Bescheinigung der Abmeldung.
Dann quittiere ich alles auf rumänisch, verabschiede mich freundlich bei allen (die kennen mich ja nun schon) und freue mich riesig (über den Sieg über die Bürokratie und natürlich über diese tolle, wenn auch kurze Zeit, als Rollerfahrer)... und manchmal träume ich Nachts noch von dem Gefühl in einer lauen Sommernacht auf dem Moped über die Bulevards zu brettern.....
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